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Die berühmt-berüchtigte Rentrée

So, ich bin jetzt seit vier Tagen in Frankreich und hatte heute meinen ersten Schultag, die berühmt-berüchtigte Rentrée.

Und die lief so ab:

Um acht Uhr versammelten sich alle Schüler der 3ième (was in Deutschland der neunten Klasse entspricht) im Eingangsbereich der Schule. Der Schulleiter hielt eine kleine Rede, von der ich leider trotz meiner Fremdsprachenkenntnisse kein Wort verstanden habe (der Schulleiter hatte kein Mikrofon). Danach wurden die Schüler einzeln aufgerufen. In Frankreich ist es so, dass jedes Jahr nach den Sommerferien die Klassen neu aufgeteilt werden. Darum sehen die Franzosen der Rentrée stets besorgt entgegen, weil sie Angst haben, vielleicht nicht mit ihren Freunden zusammen zu sein.

Als meine Austauschschülerin aufgerufen wurde, folgte ich ihr und unseren zukünftigen Klassenkameraden in einen Raum. Was mich zuerst irritierte, war das große Plakat mit dem Hakenkreuz, das neben der Tafel hing. Doch das erklärte sich bald – denn das hier war der Raum für Histoire-Géo (Erdkunde und Geschichte, das wird in Frankreich zusammen unterrichtet).

Dort hielten wir uns die nächsten zwei Stunden auf und keiner sprach ein Wort. Nur der Lehrer. Und es wurden die Carnets ausgeteilt.

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Ein Carnet ist ein Heft, das aus 48 Seiten besteht. Die ersten 14 davon sind die Schulregeln. Und der Lehrer hat jede einzelne davon vorgelesen und genauestens erläutert. Das hat zwei Stunden gedauert.

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Ehrlich gesagt war das sterbenslangweilig und ich habe auch nicht die ganze Zeit zugehört, sondern bin immer mal gedanklich wieder zu anderen Orten, Zeiten und Menschen abgeschweift. Dabei musste ich mehrmals fast laut lachen, doch dann hätte ich ja gegen die Regel verstoßen, man müsse die Regeln akzeptieren und dürfe sie nicht lächerlich machen. Um noch ein paar andere Regeln aufzuzählen, hätten wir da:

Man darf keine Helme tragen. Man darf nicht Roller fahren. Und weder Getränke noch Bomben mit in die Schule nehmen!

Es sind beinahe strengere Regeln als bei einem Flug nach Israel.

Der Rest dieses Carnets besteht mehr oder weniger aus Tabellen, die dazu gedacht sind, dass die Lehrer ankreuzen, was der jeweilige Schüler falsch gemacht hat, sei es eine “Bavarderie” (bavarder=quatschen), oder dass er irgendwelches Material vergessen hat. Jeden Tag muss das Carnet den Eltern vorgelegt werden. So erfahren sie immer, wenn der Schüler etwas falsch gemacht hat. Jedes noch so kleine Vergehen wird genauestens notiert, mit Datum. Jede noch so kleine Änderung im Stundenplan, wenn eine Lehrerin nicht da ist, muss ins Carnet geschrieben werden.

Und jeden Tag, wenn man das Schulgebäude verlässt, muss man den sogenannten “Surveillants” (surveiller=überwachen) die Carnets zeigen, damit diese den Stundenplan überprüfen können, ob man zur rechten Zeit geht. Schwänzen ist also nicht!

Die Schule bestätigt folglich alle Klischees über französische Schulen – sie ist sehr streng!

Das war jedenfalls mein erster Eindruck. Wer weiß, vielleicht wird Morgen alles anders…?

3. September 2015by Milena
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Auslandsberichte

Hommage ans bolivianische Essen!

Liebe DIGGA-Leser,

ich bin Carlotta, 18 Jahre alt und mache einen Freiwilligendienst in La Paz, Bolivien. Seit drei Wochen bin ich nun hier, habe aber bisher noch nicht gearbeitet, sondern einen Spanischkurs besucht. Meine eigentliche Blogadresse ist: ckbolivia15.blogspot.com Ich werfe euch jetzt einfach mal in meinen aktuelle Blogeintrag dazu. Fotos gibt’s leider noch keine, weil ich mein SD-Kartenlesegerät zu Hause vergessen habe, mein Laptop die Sony-Karte dummerweise nicht annimmt und ich noch kein neues gekauft habe. Stellt es auch vor. 🙂

“Mein Projekt fängt leider doch nicht, wie gedacht, morgen an. Stattdessen dürfen wir um 7:30 Uhr im Stadtteil Miraflores sein und uns einem Gesundheitstest unterziehen mit Blutabnahme etc. Letzte Woche waren wir auch schon bei Interpol und haben Fingerabdrücke abgegeben. Das alles ist notwendig, um das Visum zu bekommen, derzeit haben wir nämlich nur eins für 30 Tage. Das heißt in einer Woche bin ich illegal im Land. Bin mal gespannt, ob es die bolivianischen Behörden bis zu diesem Zeitpunkt hinbekommen. Bürokratischer Aufwand wird eher ungern betrieben.

Aber kommen wir nun zum wirklich Wichtigen; dem Essen.
Mein Frühstück besteht aus folgendem: frisch gepresster Orangensaft (unglaublich gut), dazu aufgeschnittenes Obst wie Papaya, Honigmelone, Banane oder Apfel. Eventuell eine Nutellastulle, aber nur wenn Zeit ist und eine Tasse Tee aus Mamas Cup.
Mittags essen wir immer so um 1 Uhr, meistens auch alle zusammen. Meine Gastschwester Caju kommt dazu immer aus der Uni und mein Gastbruder Sebastian lässt es sich in die Schule bringen, wenn er länger Unterricht hat. Zur Vorspeise gibt es so gut wie immer eine Suppe, ich passe morgen mal ganz genau auf, aus was die besteht. Als Hauptspeise gibt es in meiner Familie immer Fleisch und einmal die Woche Fisch dazu oft Reis und Salat. Zum Beispiel gab es letztens falso conejo bedeutet ‘Falsches Kaninchen’, was statt Kaninchen- Rindfleisch ist. Sehr viel wird hier auch Hühnchen Pollo gegessen. Ein typisches Gericht aus Santa Cruz ist Majadito, Reis mit feingehacktem Hühnchen, dazu ein Spiegelei und einer Kochbanane. Die Forelle aus dem Titicacasee genannt Trucha mit Kräutersoße ist auch sehr empfehlenswert! Kochen tut bei uns übrigens die Hausangestellte Ana, die unter der Woche auch hier wohnt. Sonntags ist sie bei sich zu Hause und wir gehen meist Essen. Zum Abschied von Kevin, dem Austauschbruder von Sebastian sind wir zum Jardin de Asia gegangen. Wir saßen nicht an einem normalen Tisch, sonder alle in einem Bogen in der Reihe und vor uns eine große Herdplatte. Wir hatten unseren eigenen Koch, der zu Beginn eine kleine Show mit seinen Gerätschaften aufgeführt hat. Caju und ich aßen Lachs, der Rest Fleisch. Zum Braten wurde einfach der Herd mit einem Feuerzeug angezündet, sodass eine (wirklich) riesige  Flamme entstand – schon fertig. Als Beilage Reis mit unter anderem Ei, welches auf ziemlich gekonnte Art und Weise hinzugefügt wurde. Desweiteren sind viele amerikanisch-mexikanische Restaurantes vertreten, allergings kein McDonalds – sehr sympathisch! Eines schönen Sonntages waren wir im Highlanders, wo es wirklich super gute Burger gibt! Was man auch probieren sollte, ist Cerviche – roher Fisch in Essig eingelegt, serviert in einer Muschel. Was ich selbst noch nicht gekostet habe, ist Anticucho – Hühnerherz. Dazu lasse ich mir auch wohl noch ein bisschen Zeit. Wie auch für Chicharon, was auf der Straße am Besten sein soll. Mein Magen hat sich mittlerweile an die anderen Bedinungen gewöhnt, ich will ihn jedoch nicht überstrapazieren. Letztens habe ich einen Salat bestellt, beim Essen ist mir eingefallen, dass der ja mit Leitungswasser gewaschen wird (hier nicht genießbar), bin aber ganz zu meinem Erstaunen nicht krank geworden. Was mich auch wunderte, ist, dass Sushi hier auch mit Fleisch oder Mango serviert wird. Ganz zu meiner Freude gab es letztens Brezel (!) vom deutschen Bäcker mit Salchicha de Bock (Bockwurst) und Kartoffelsalat nach dem Rezept von meiner Oma. Die Anleitung dazu hat mir meine Tante per WhatsApp Sprachnachricht zu kommen lassen. Obwohl ich das natürlich eigentlich wissen müsste, so oft wie ich schon in den Genuss gekommen bin..
Zu Abend wird so um 21 Uhr gegessen. Entweder das vom Mittag, Ana kocht etwas Neues oder ein Sandwich. Demnächst bin ich mal dran. Kevin hat mal eine russische Suppe gekocht und ich werde Kaiserschmarrn als typisch bayrisch deklarieren – gut, dass ichs in den Ferien mit Oma zusammen gekocht habe. Ich bin nicht so der Pro.

Euch einen guten Hunger!
Carlotta”

30. August 2015by Carlotta
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Hi aus Australien

Hi!
Ich bin Clara und schreibe hier ein bisschen über mein Austauschjahr in Australien.
Aber fangen wir mal von vorne an. Am 30.Juli kam ich mitten in der Nacht in Brisbane an. Brisbane liegt an der Ostküste Australien im Bundesstaat Queensland. Es ist eine relativ große und außerordentlich schöne Stadt. Wie gesagt werde ich hier ein Jahr leben und auch zur Schule gehen. Die Zeit vergeht rasend schnell, ich dachte ich wäre jetzt vielleicht 10 Tage hier dabei sind es schon fast drei Wochen. Ich hab schon viel erlebt, wie z.B. ein typisch australisches Rugby League Spiel im Stadion oder einen Strandspaziergang mit Sonnenaufgang, nicht zu vergessen die mal eben vorbeihüpfenden Kängurus oder die handgroßen Spinnen die einem in seinem Zimmer begegnen. Mir gefällt es bis jetzt echt super gut! Ich werde ca. alle zwei Wochen etwas posten, aber wenn ihr regelmäßiger etwas lesen wollt könnt ihr auch meinen Blog besuchen. Blog: Clara On The Road

Bis dann!
Clara

Coolumn Beach

17. August 2015by Clara
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Urlaub ist doch was ganz Feines – Terrassenbeobachtungen aus der Ferienanlage

Die Sonne ist gerade untergegangen und ich sitze draußen auf der kühlen Terrasse unseres Ferienapartments und will den Abend mit einer schönen Tasse Horchata de Chufa (ein sehr zuckerhaltiges und kalorienreiches spanisches Gesöff) gemütlich und ruhig ausklingen lassen.

Nicht bedacht beim Schmieden dieses Planes habe ich allerdings, dass unser Ferienapartment Teil einer Ferienanlage ist und demnach die eben genannten Begriffe „gemütlich“, „ruhig“ und „schön“ heute Abend unmöglich gleichzeitig realisiert werden können.

Die laut meditierende Österreicherin auf der Terrasse neben mir toleriere ich ja noch, obwohl ich es schon bedenklich finde, dass sie sich schon seit geraumer Zeit die Nase zuhält, aber die Konsequenzen dessen sollen ja nicht meine Sorge sein.

Auch an die keifende Animateurin aus der abartigen, sehr stark an Hape Kerkelings „Club las Piranjas“ erinnernden Touristenherberge, die mit Mickey-Maus-Stimme auf falschem Englisch die Miss-Wahl moderiert, habe ich mich mittlerweile gewöhnt.

Die Kinderdisko am Pool, bei der alle drei Sekunden ein Kinderkreischen wahrscheinlich vom Band abgespielt wird und schlechte Chipmunk-Versionen von ABBA und den Beatles sowie eine deutsches Cover von Sattelite zusammen in einem Mashup erklingen, strapaziert meine Nerven schon sehr, aber ich bin trotzdem noch guter Stimmung.

Die hebt sich sogar noch, als der Animateur das Ende der Kinderdisko ankündigt und anschließend freudig verkündet – und damit alle Anwohner indirekt vorwarnt – nächsten Mittwoch finde sie erneut statt. Doch das kann mir herzlich egal sein, da bin ich nämlich längst wieder zurück in Deutschland.

Meine Stimmung kippt jedoch sofort wieder, als sich die Besucher der Kinderdisko in die Richtung der nächsten Station ihrer Abendbespaßung bewegen und sich durch unheimliche Geräusche ankündigen.

Interessanterweise führt ihr Weg natürlich an unserer Terrasse vorbei.

Eine vierköpfige, rot gebrannte, englische Proll-Familie mit grauenhaftem Dialekt stolpert meckernd den kleinen Pfad vor unserer Terrasse entlang. Vater und Sohn diskutieren angeregt über Minecraft, Mutter und Tochter streiten über das Ergebnis der Miss-Wahl, das die Tochter, ein dicke, zehnjährige Blondine mit Schweinegesicht, „ungerechterweise“ als Verliererin bestimmt hat. „But you’re beautiful, too“, höre ich die Mutter säuseln und verfluche dabei die Welt mit ihren Lügen.

Hinter ihnen geht eine Ansammlung von spanischen Müttern, die alle gleichzeitig in einem wahnsinnigen Tempo reden und neben mir hat eine italienische Großfamilie, damit es auch bloß nicht zu still ist im Haus, eine spanische Sitcom laufen, bei der alle paar Sekunden schallendes Gelächter ertönt. Keiner der Familie schaut jedoch zu, die Tochter rückt lieber alle Gartenmöbel hin und her, reinigt anschließend sehr lange und sehr geräuschvoll die gesamte Terrasse, während alle männlichen Mitglieder bald anfangen, ebenfalls sehr geräuschvoll und natürlich auch geruchsvoll Unmengen an Fleisch zu grillen. Dabei reden und singen alle Familienmitglieder in einer ungeheuren Lautstärke, während die von ihren Eltern nach draußen verbannten Kinder der Leute von gegenüber anfangen, Fußball zu spielen und Räder zu schlagen.

Eine deutsche Nerdfamilie spaziert angeätzt über den Pfad vor meiner Terrasse, die Mutter schimpft in einem Fort über ihre sandigen Klamotten, sie hasse es, wenn Strand so sandig sei, der Vater schimpft über die Laune seiner Gattin und der Sohn läuft murrend neben seinen Eltern her und fragt, warum es hier kein Internet gebe.

Die leere Strandbahn dreht unmotiviert ihre Runden um die Ferienanlage, hält alle zehn Meter und stößt vor der Weiterfahrt immer das gleiche nervtötende Panflötengeräusch aus.

Die Italiener haben mittlerweile von ihrer Sitcom zu einem Fußballspiel umgeschaltet, das, der Lautstärke des Gelabers dabei zufolge, offenbar alle gleichzeitig moderieren wollen.

Es fallen auch ungewöhnlich viele Tore dabei, so oft wie gegrölt und gejubelt wird, doch ich will ja nichts sagen, vielleicht spielen italienische Mannschaften einfach nur besonders gut – oder haben besonders schlechte Torwarte.

Inzwischen hat der sechsjährige Sohn der meditierenden Österreicherin angefangen, allein gegen die Wand Beachball zu spielen, was ein schönes, monotones, fast schon entspannendes Hintergrundgeräusch ergibt.

Meine Ansprüche sind gesunken, jetzt finde ich schon einen allein Beachball spielenden Jungen entspannend. Wahnsinn.

Ich fange an, mich immer mehr auf das monotone Klacken des Balles zu konzentrieren und merke, wie mir langsam meine Augen zufallen und ich auf meinem klapprigen Plastikstuhl immer weiter nach hinten kippe.

Ab dem Moment setzen meine Erinnerungen für ein paar Sekunden aus, das nächste, was ich wahrnehme, ist ein lautes Rumsen und dann liege ich auf dem Boden. Aus Prinzip stoße ich einen schrillen Schrei aus. Sofort kommt die Österreicherin angerannt, fragt mich auf für mich unverständlichem Österreichisch irgendetwas und macht damit auch die Italiener auf mich aufmerksam. Zum ersten Mal an diesem Abend scheinen sie zu registrieren, dass es auch noch andere Menschen auf dieser Welt gibt außer ihnen.

Natürlich habe ich mir nichts getan, mit Vom-Stuhl-Fallen habe ich viele Erfahrungen, auch, dass die Menschen um einen herum den Sturz als viel dramatischer erleben als man selbst.

Trotzdem ist der eine Italiener noch misstrauisch und spendiert mir noch einen leckeren Fleischspieß.

Als ich im Bett liege und wie üblich die Ereignisse des heutigen Tages sortiere und erörtere, stelle ich fest, dass es doch ein ganz akzeptabler Abend war – mit einem äußerst erfreulichen Ende sogar. Er war zwar weder „gemütlich“ noch „ruhig“ oder „schön“, aber die Horchata schmeckte hervorragend. Und zum Nachtisch gab es schönes, italienisches Fleisch. Urlaub ist doch was ganz Feines.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6. August 2015by Milena
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Spaziergang an der Müritz oder Welche skurrilen Richtungen ein Text annehmen kann

Der folgende Text ist nach einer wahren Begebenheit verfasst und sollte eigentlich in eine völlig andere Richtung gehen.

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Sonnenuntergang in Rechlin an der Müritz.

 

In den letzten Atemzügen hängt die Sonne noch knapp über dem Horizont und lässt den nun matt dunkelblauen Himmel in einem leicht rosaroten Schimmer scheinen. Der immer anhaltende, leichte Wind über dem Wasser hält an und lässt kleine, friedliche Wellen entstehen, die nach Leben aussehen. Man hört die Grillen laut zirpen, ein ganzes Orchester aus Tiergeräuschen entsteht, und trotzdem bleibt Stille.

Nichts als friedvolle Stille und dem leichten Wellengang der Müritz, der das Wasser im Ohr ganz leise rauschen lässt, wie ein leises Lied, gesungen mit hoher und klarer Stimme. Schläfrig fliegen kleine Insekten über dem Wasser, die die anbrechende Nacht nutzen, um ihre Flüge über dem Wasser zu genießen. Gleich zarter Watte hängen am Himmel kleine, blaugraue Wolken, dünn, träge, matt. Ein Bild der werdenden Nacht.

Junge Männer sitzen mit alten Shirts, einer Flasche Wasser und einer Angel am Steg und angeln. Und in einiger Entfernung sieht man hier und da einen Fisch aus dem Wasser springen, als wolle er die Angler necken. Und immer noch pfeift ein leichter Wind, der das Laub in den nun im Schatten liegenden Bäumen leise, gemütlich und entspannt zittern lässt.

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Der poetisch Verführte fühlt sich wohl im Hafendorf Müritz.

 

Ein junges Pärchen steht am Geländer, hält sich in den Armen und haucht sich leise Liebkosungen zu. Spontan bekommt man Lust, Rosamunde Pilcher zu gucken. Zuhause im Ferienhaus jedoch sitzen – nicht ganz so poetisch verführt wie ich – meine Eltern und regen sich darüber auf, dass das W-Lan für ihr Internet-Radio nicht funktioniert. Meine lilahaarige Bekannte sitzt auf der Wiese und telefoniert wiederrum mit einem Jungen, der mittlerweile ebenfalls lilafarbene Haare hat. (Zitat: „Meins ist ja eher so beere!“) Wenn man bei solchen Telefonaten zuhört, bekommt der poetisch Verführte schon wieder Lust, Rosamunde Pilcher zu gucken.

Warum gucken eigentlich so viele Leute gerne Rosamunde Pilcher? Und warum bitte höre ich mich an wie Rosamunde Pilcher, wenn ich einen Text über einen Verdauungsspaziergang im Müritzpark schreibe? Und warum finde ich das Gespräch zwischen den beiden Lilahaarigen so romantisch, wobei es doch nur um Ohrlöcher und Desinfektionsmittel ging? Schuld daran ist wahrscheinlich das Buch Das Lilienhaus, das ich mir aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen in der Buchhandlung meines Vertrauens gekauft habe.

Ich habe die etwa 400 Seiten tatsächlich auch alle gelesen. Und anscheinend war das ein großer Fehler. Jetzt träume ich jede Nacht davon, die Frau fürs Leben zu finden, total happy mit ihr zusammenzuleben, sie zu heiraten und dann zusammen mit ihr Rosamunde Pilcher zu gucken.

Im Radio läuft Freelove von Depeche Mode, was ich auf skurrile Weise unfassbar ironisch finde. Mein Vater ruft mir aus dem Hintergrund zu, als ich ihm diesen Satz vorlese, dass Radio doch total altmodisch ist, dass das ein Pohtkast (Podcast, for my dear English friends!) sei und was man sich denn von mir denke, wenn ich Radio schreibe.

Es ist unser jährlicher Sommerurlaub in einem der vielen kleinen Dörfer in Mecklenburg-Vorpommern, Rechlin, welches einen großen Ferienpark als Teil der Stadt ansehen darf. Da haken die Rechliner unter. Und Rechlin steht auch ein bedeutender Moment bevor: Am Freitag beginnt das Müritzfest, und da tritt dann Achim Mentzel auf. Ein absolutes Highlight für eine Stadt, in der ein Restaurant mit Holzwänden und Pflanzen auf dem Klo schon als Erlebnisgastronomie betitelt wird. (Auf dieses Restaurant ist man übrigens so stolz, dass man es gleich auf das Ortsschild geschrieben hat.)

Rechlin ist eine kulturelle Metropole: Hier gastiert sogar der Circus Huberti! Eine absolute Nummer hier im hohen Norden, im Kaffkreis um die Müritz. Ein Beispiel für ein solches Örtchen der ganz schlimmen Sorte wäre Serrahn. Und ausgerechnet in diesem Örtchen  haben wir im Jahre 2012 unseren Sommerurlaub verbracht. In einem Ferienhaus, das direkt vor dem Markenzeichen von Serrahn angelegt ist: der Wiese. Denn daraus besteht Serrahn zum größten Teil.

Aber ich weiche ab. Seltsam auf den Laptop vor mir blickend, um zu lesen, was ich gerade geschrieben habe, sitze ich nun in einem beigen Sessel im Wohnzimmer. Hier in der Wohnung gibt es sogar einen DVD-Player und einen Band von Heinz Erhardt. Mittlerweile läuft Everything Counts von Depeche Mode im Radio/Pohtkast (The grabbing hands grab all they can; all for themselves, after all.) – Man sieht, in welche Richtung der Musikgeschmack unserer Familie geht. Ungläubig schaue ich auf die Zeilen, die ich spontan geschrieben habe, und frage mich, wie ein Text über einen Abendspaziergang, bei dem mich die Mücken übrigens fast aufgefressen haben, in diese Richtung gehen konnte.

Meine Mutter sitzt auf einem anderen, weitaus gemütlicheren Sessel im Wohnzimmer, schaut ein Facebook-Video und lacht leise in sich hinein. Während ich ihr die Zeilen, die ich gerade geschrieben habe, vorlese, starrt sie weiter fasziniert auf das iPad, eher indirekt meiner Stimme lauschend. Ich finde mich damit ab, den Text später in einer WhatsApp-Sprachnachricht/Sprachmemo/Voicemail/Klangpostkartre/Ton an meine geschätzte Kollegin Milena vorzulesen.

Im nächsten Augenblick beschließe ich zudem, jetzt, da ich mit meinem Text in der Gegenwart angekommen bin, mit einem unüblichen Satz abzuschließen, während im Radio Shake The Disease von Depeche Mode läuft und meine lilahaarige Bekannte mir ihre Vorliebe für Blasenpflaster als Thema vorschlägt. So ist der unübliche Satz, mit dem ich an dieser Stelle abschließen will, ein Zitat von Loriot: Genügt es, wenn ich mich irgendwie auflöse?

Die Fotos sind private Aufnahmen meiner Familie und mir.

2. August 2015by Bent-Erik
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Eindrücke von Menorca – der kleinen, weniger touristischen Schwester von Mallorca

Der Strand von Son Bou
Ausblick vom nördlichen Leuchtturm
Die typischen Steinmauern aus der Antike stehen immer noch

Fornells
Hafen von Fornells 1/3
Hafen von Fornells 2/3

Hafen von Fornells 3/3
Ausblick vom Monte Toro, dem höchsten Berg der Insel
Der Strand von Son Bou im Abendlicht

Vor dem Sonnenuntergang
Abendstimmung

29. Juli 2015by Milena
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Digga – Die elektronische Schülerzeitung

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