Geschichte schützt nicht vor Erkenntnis

Der nächste Tag war angebrochen und dem Kurs stand ein anstrengender Tag bevor, vier Ziele waren angesetzt. Nachdem gefrühstückt wurde, ging es um 9 Uhr los zum ersten Punkt, dem Zeitgeschichtlichen Forum. Mirco Zimmermann leitete die Reise durch die Vergangenheit.

Das Zeitgeschichtliche Forum

Foto: Leonie Urbanczyk
Zeitgeschichtliches Forum Leipzig

Er war nicht nur unser Guide sondern gleichzeitig ein Zeitzeuge, der die DDR in seiner Jugend miterlebt hatte. Das kam auch immer wieder bei der Führung durch. Es schien, als ob er zwischenzeitlich nicht bei den Jugendlichen, sondern wieder in den 80er Jahren war. Die Gruppe konnte ihn durch das Mikrofon und die Kopfhörer immer verstehen und musste deswegen nicht immer direkt in seiner Nähe sein. Deshalb kam es vor, dass ab und zu ein paar der Schüler etwas weiter hinter der Gruppe gingen und nochmal im Alleingang die unterschiedlichen Ausstellungsstücke betrachteten. Stehen bleiben, anschauen, zuhören und immer wieder das Knipsen eines Fotoapparates. So vergingen die 1,5 Stunden doch recht schnell und es konnte die ersten Pause, und das um 11 Uhr, gemacht werden. Für die meisten doch etwas zu früh für das Mittagessen. So wurde ein Bäcker, der Einkaufsladen oder ein Asia-Imbiss aufgesucht. Das Essen musste schließlich noch bis 17 Uhr reichen. 

Die Stadtführung

Um kurz vor zwölf ging es dann weiter. Die Stadtführung durch Leipzig stand an. Geleitet wurde der Rundgang von Volker Kallé. Er macht diese Stadtführung seit etwas über einem Jahr. Mit einer Mappe in der Hand, die mit Bildern des früheren Leipzig gefüllt ist, und einem bunten Schal um den Hals geht es der Gruppe voraus. Durch ein paar Abkürzungen bekommt die Gruppe in kurzer Zeit ziemlich viel von der Messe-Stadt zu sehen, denn genau das war Leipzig bis zum 2. Weltkrieg. Die Stadt hatte als einzige das Privileg, diese Messen abzuhalten.

Doch Leipzig war nicht nur eine Messestadt, berichtet Volker Kallé. Durch ihre Platzierung an dem Kreuz zweier Handelsstraßen, der via regia und via imperii, kamen immer mehr Händler, lieferten Waren und tauschten sie gegen andere. Die meisten der Kutschenfahrer konnten jedoch nicht lesen und wussten so nicht, wo sie die Ware abliefern sollten. Aus diesem Grund waren auf dem Häusern Symbole und Zeichen angebracht. Diese sind bis heute erhalten.

Leipzig war aber genauso eine Buch-, Musik- und Pelzstadt. 450 Buchverlage entstammen aus der Leipziger Geschichte, über 144 Gewandhausmusiker (Sinfonieorchester) hatten hier ihr zu Hause und ⅓ der  Steuereinnahmen wurden mit dem Pelzverkauf gedeckt.  Mit der Trennung der Bundesrepublik Deutschland wurde Leipzig jedoch eine Messe-Stadt des Ostens und im Westen gründeten sich neue Messestandorte.  Mit dem Ende der Reise durch die Geschichte Leipzigs kamen wir am Bahnhof an. Von hier aus ging es weiter zum nächsten Ziel des Tages, dem Völkerschlachtdenkmal.

Das Völkerschlachtdenkmal

Foto: Leonie Urbanczyk
Das Völkerschlachtdenkmal

Schon etwas ausgelaugt von den ersten Führungen ging es etwas schleppend los. Doch die Leiterin der Tour, Frau Dr. Hartung, schon 6 Jahre in der Position, machte ihre Arbeit genau richtig. Mit einem unglaublichen Wissen, einer sehr durchdringenden, aber angenehmen Art zu reden und ihrer Begeisterung für das Denkmal zog sie die Jugendlichen mit sich. Das Völkerschlachtdenkmal wurde zu einer Zeit (1898) erbaut, in der es eine sogenannte „Deutsche“ Bauart noch nicht gab. Diese kam erst 1919 mit Walter Gropius und Bauhaus auf. Dennoch sollte das Denkmal beeindrucken und auf keinen Fall an französische Architektur erinnern. Das fiel auch der Gruppe auf. So kamen Vergleiche, dass es aussehe aus wie eine Pyramide oder ein Tempel der Maya und Azteken.

Im Inneren des Denkmals zeigte sich die Überzeugung des Sieges der Deutschen gegen Napoleon. Vier Figuren verkörpern die vier deutschen Tugenden, dabei handele es sich jedoch weniger um „die typischen deutschen Angewohnheiten“, wie Ordentlichkeit und Pünktlichkeit, sondern vielmehr um militärische Tugenden. Die zehn Meter hohen und 400 Tonnen schweren Figuren, drei männliche und eine weibliche, stehen für “Opferbereitschaft, Tapferkeit bzw. Mut, Glaubensstärke und Volkskraft”. Die Gründe für die Entwicklung des 1. Weltkrieg erkenne man anhand dieser Figuren, erläutert Hartung. Sie repräsentierten Nationalstolz und die maßlose Überschätzung des eigenen Volkes. 

Foto: Leonie Urbanczyk
Das Völkerschlachtdenkmal

Erbaut wurde das Denkmal jedoch nicht von den zu jener Zeit herrschenden Führungspositionen, sondern von einer Eigeninitiative Leipzigs, dem „Patronenbund“, so etwas wie eine Förderverein heutzutage. Dieser Bund bekam damals ungefähr sechs Millionen Goldmark zur Errichtung des Denkmals zusammen. In der heutigen Zeit wären das gut 31 Millionen Euro. 

Wie jedes Nationaldenkmal birge auch das Völkerschlachtdenkmal ein Problem im europäischen Gemeinschaftsdenken, berichtet Frau Dr. Hartung. Die Materialen und die Bauart stellten sehr die Art des nationalsozialistischen Bauens dar. Um dennoch eine friedliche Art der Präsenz des Denkmals zu gewähren, würden auf Konzerte und Hochzeiten, also auf Vermietungen des Gebäudes, verzichtet. Nach der Besteigung des Denkmals am Ende der Führung, wofür man knapp 500 Stufen erklimmen muss, und einer stürmischen Aussicht ganz oben auf dem Denkmal, ging es weiter zum letzten Ziel des Tages: die deutsche Nationalbibliothek in Leipzig. 

Der letzte Punkt des Tages

Bei der Ankunft wollten sich nicht nur alle Schüler hinsetzen, sondern auch trocknen. Der Gang zur Bibliothek war geprägt durch Sturm und sehr starke Regenfälle, die die Laune innerhalb der Gruppe nicht wirklich ansteigen lassen hat. Angekommen im Warmen waren die meisten dann doch erleichtert. Nach der Tour durch die unterschiedlichen Lesesäle der Bibliothek kam das Lächeln auf den Gesichtern nach und nach bei allen wieder durch. Mit der Beendigung der Tour und dem nun vorhandenen Wissen, dass über 24 Millionen Bücher, CDs und andere Medienträger hier gelagert werden, ging es wieder zurück. Für einige ins Hostel, für andere in die Stadt. 

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