DIGGA - Teens unterwegs
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Babel im Kopf: Meine Sätze beginnen häufig in deutsch, enden auf spanisch und in der Mitte sind sie englisch

Leah (15 Jahre) berichtet, wie es ist, mehrsprachig -und sogar auf zwei verschiedenen Kontinenten- aufzuwachsen.

Was macht es für Leah so spannend? Und warum kann es manchmal auch eine ganz schöne Herausforderung sein?

Ihr persönlicher Erfahrungsbericht:

In meiner Familie sprechen wir spanisch, deutsch und englisch. Mehrsprachig aufzuwachsen ist nicht einfach und ein wenig anstrengend. Es fällt mir zum Beispiel schwer, eine Sprache durchgehend zu sprechen, oder ich vergesse manchmal, wie etwas in einer Sprache heißt, dafür fällt es mir in einer anderen ein. Der Vorteil ist, dass es mir leicht fällt, eine neue Sprache zu lernen.

Mein Name ist Leah und ich bin 15 Jahre alt. Mein Vater kommt aus Costa Rica, einem kleinen Land in Mittelamerika, meine Mutter kommt aus Deutschland. Ich habe 10 Jahre in Guatemala gelebt. Vor drei Jahren sind wir zurück nach Deutschland gezogen und leben wieder in Berlin. In Guatemala habe ich mich eher als Deutsche identifiziert, aber wenn mich hier in Deutschland jemand fragt, wo ich herkomme, dann sage ich Guatemala. Irgendwie ist das cool, sich das Beste von beiden Welten aussuchen zu dürfen.

Guatemala und Costa Rica

Beide Länder liegen in Mittelamerika und gehören zu Lateinamerika. Zu Lateinamerika gehören grundsätzlich alle Länder, die sich südlich der USA auf dem amerikanischen Kontinent befinden. Heute wird dort offiziell spanisch oder portugiesisch gesprochen. Daneben gibt es aber in allen lateinamerikanischen Ländern auch noch indigene Bevölkerungsgruppen, die ihre eigenen Sprachen sprechen. In Guatemala zum Beispiel gibt es über zwanzig weitere Sprachen, zum Beispiel Quiché oder Cakchiquel. Als der amerikanische Kontinent im 15. Jahrhundert von den Europäern erobert wurde, wurden die allermeisten Länder Mittel -und Südamerikas von den Spaniern und den Portugiesen kolonialisiert. Lateinamerika umfasst 21 Länder und hat eine Fläche von ungefähr 20 Millionen Quadratkilometern mit rund 500 Millionen Menschen.

Ausflug nach “Tikal” – eine antike Stadt der Maya in Petén (Guatemala). Diese war im 3.-9. Jahrhundert einmal die bedeutenste Stadt in Guatemala.

Aufbruch nach Berlin : Was sind die kulturellen Unterschiede?

Obwohl ich bereits eine Weile wieder in Deutschland bzw. in Berlin lebe, gibt es immer noch Dinge, die mich überraschen, obwohl sie für die Menschen um mich herum völlig normal sind. Hier sind zum Beispiel sonntags alle Geschäfte geschlossen, in Guatemala waren die Geschäfte sieben Tage die Woche geöffnet, ähnlich wie in den USA. In Deutschland darf man legal Alkohol trinken, obwohl man noch nicht 18 ist und es gibt FKK-Strände, das kannte ich so nicht. Deutschland ist ja berühmt dafür, dass es auf den Autobahnen keine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt. In Guatemala gibt es die auf jeden Fall, aber trotzdem fahren die meisten Leute dort, wie sie wollen. Es geht da ziemlich chaotisch auf den Straßen zu. Man steht auch gefühlt jeden Tag im Stau, weil es so viele Unfälle gibt oder Autos einfach auf der Straße liegen bleiben. Von meinem Zuhause bis zur Schule waren es weniger als zwei Kilometer, und trotzdem gab es viele Tage, an denen die Fahrt dorthin zwischen einer und zwei Stunden gedauert hat. Mit dem Fahrrad konnte man aber nicht fahren, zu Fuß gehen ging auch nicht, das wäre viel zu gefährlich gewesen. Es gibt keine Radwege und kaum Bürgersteige für Fußgänger, nur an einigen wenigen Straßen im Stadtzentrum.

“Ich liebe die lateinamerikanische und die deutsche Kultur.”

An Deutschland mag ich die  Geborgenheit und Sicherheit. Ich fühle mich hier sehr wohl und es gefällt mir, dass man hier frei ist und so sein darf, wie man möchte. Außerdem liebe ich Museen und hier in Berlin gibt es für alles ein Museum. Ich mag auch Kunst ganz generell, zum Beispiel Straßenkunst wie Graffitis. An Lateinamerika gefallen mir die Feste, die Musik und die Leichtigkeit.

Ein kurzer Stop am “Lago Atitlán” – einer der schönsten Seen für mich in Guatemala. “Atitlán” bedeutet “Ort mit viel Wasser”.

Der Berliner Fernsehturm und das Humboldt Forum sind hingegen meine lieblings Orte in Berlin.

“Einer der größten Unterschiede für mich ist das Essen.”

In Deutschland gibt es immer Brötchen zum Frühstück und Brot zum Abendbrot. In Guatemala gibt es Eier, schwarze Bohnen und Tortilla (das sind Maisfladen). Abends essen die Menschen warm. Als mein Onkel aus Costa Rica uns zum ersten Mal in Deutschland besuchen kam, dachte er, dass das Brot und der Käse, der auf dem Tisch stand, die Vorspeise war. Als der Tisch dann wieder abgeräumt wurde und nichts mehr kam, war er ziemlich überrascht und ist nachts heimlich zu MacDonalds gefahren, weil er Hunger hatte.

Ich liebe lateinamerikanische Küche über alles. Mein Lieblingsessen sind “Tamales”. Tamales ist ein traditionelles Gericht aus Mittelamerika, das aus einer Masse aus Mais zubereitet wird, die mit Fleisch, Gemüse, Saucen und anderen Zutaten gefüllt wird und dann in ein Bananenbaumblatt eingewickelt und anschließend gedämpft wird. Tamales gibt es oft an Feiertagen. Es ist immer lustig, wenn ich versuche, dies einer Person hier in Deutschland zu erklären. Die gucken dann immer so begeistert und denken, dass es bestimmt ganz komisch schmeckt. -Aber ich kann garantieren, dass es absolut köstlich ist.

Das gefällt mir besonders an Berlin:

In Berlin gibt es ja zum Glück sehr viele Menschen, die mehrere Sprachen sprechen oder deren Familien multikulturell sind. In Berlin habe ich zum Glück bisher wenig Rassismus erlebt, aber manchmal erhalte ich Kommentare von unbekannten Leuten in der S-Bahn, weil ich spanisch spreche. Dabei hört man in Berlin auf der Straße über 10.000 Menschen, die spanisch sprechen.

Die Latino-Community in Berlin ist nicht so groß. Aber wenn man genau hinschaut, wird klar, dass Lateinamerikaner*innen sehr aktiv am kulturellen und kreativen Leben der Stadt teilnehmen. Über die genaue Zahl der Latinos in Berlin gibt es keine genauen Statistiken aber es sind wahrscheinlich ungefähr 12.000 Menschen. Weltweit gibt es allerdings sehr viele Lateinamerikaner*innen, die ihre Heimat verlassen müssen oder wollen. Leider gibt es in fast allen lateinamerikanischen Ländern zum Teil große Armut und Gewalt, vor der die Menschen fliehen, -besonders in mittelamerikanischen Ländern wie Honduras oder El Salvador. Die meisten Menschen versuchen allerdings, in die USA auszuwandern, obwohl der Weg dahin sehr gefährlich ist.

Aber natürlich kommen die Menschen aus ganz verschiedenen Gründen nach Berlin, so wie ich, weil meine Mutter und ihre Familie aus Deutschland kommen.

Wo gehen Latinos, die frisch nach Deutschland gekommen sind, hin?

Ein guter Ort ist das Haus der Kulturen Lateinamerikas – la casa de las culturas latinoamericanas –  in Neukölln. Hier erhalten Menschen aus Lateinamerika Hilfe und Beratung, z.B. für Migrationsprozesse oder bei der Jobsuche. Das Haus der Kulturen Lateinamerikas ist ein Sprachrohr der Latinocommunity in Berlin, begleitet die Menschen in Integrationsprozessen und stärkt ihre gesellschaftliche Teilhabe. Sie helfen aber auch bei Problemen bzgl. Diskriminierung oder anderen Schwierigkeiten.

Was fällt euch ein, wenn ihr an Lateinamerika denkt? Es gibt viele Dinge, über die man noch sprechen könnte. Die Musik und der Fußball natürlich. Vielleicht stolpert ihr bald mal über ein kleines Stück lateinamerikanische Kultur in Berlin. Hasta la próxima. Eure Leah! 🙂

Info Block:

Im Allgemeinen bezieht sich Lateinamerika auf die amerikanischen Länder, deren Einwohner spanisch oder portugiesisch sprechen. Die 21 Länder und Inseln, die zu Lateinamerika gehören, sind: Argentinien, Bolivien,Brasilien, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Kuba, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Puerto Rico, Dominikanische Republik, Uruguay und Venezuela.

 

Links von mir für euch zum weiterstöbern:

Haus der Kulturen Lateinamerikas

Blickpunkt Lateinamerika: Migration in Lateinamerika, Flucht vor Armut und Gewalt

Rezept Tamales

 

Text/Bilder: Leah

 

4. Februar 2022by Digga-Redaktion
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日本は素晴らしい

Japan-Schüleraustausch

Letzte Woche bin ich von meinem 3-wöchigen Japan Schüleraustausch zurückgekommen. Ich habe viele neue Eindrücke gesammelt. Von einigen will ich hier erzählen.

Meine erste Woche stellten meine Gastgeber unter das Motto „Showtime“ und so habe ich sowohl das Kabuki Theater, als auch das Disney Land Tokyo besucht.

Das Kabuki Theater ist ein japanisches Theater, bei dem sich die Künstler ihr Gesicht weiß schminken und ihre Lippen mit einem roten Lippenstift nachziehen. Ihre langen, schwarzen Haare stecken sie meist hoch. Die Form des Theaters besteht aus Tanz, Pantomime und Gesang. Die Darsteller sind ausschließlich Männer. Das heißt, dass auch die Frauenrollen von Männern gespielt werden. Sie verstellen dann ihre Stimmen. Auch insgesamt ist die Tonfall und die Satzmelodie sehr gekünstelt und ich fand es schwierig der Handlung zu folgen. Ich glaube, das wäre auch so gewesen, wenn ich das Japanisch dort verstanden hätte. Ein Theaterbesuch ist eigentlich ein freudiges Ereignis. Wir gehen hin, um uns abzulenken oder auf andere Gedanken zu kommen. Im Kabuki muss man sich jedoch sehr konzentrieren. Das Kabuki Theater war eine interessante Erfahrung.

 

Das Disney Land Tokyo unterscheidet sich nur wenig von seinem europäischen Pendant. Auf jeden Fall ist es – wie überall in Tokyo – sehr voll. Außerdem haben sich viele BesucherInnen sehr angestrengt, auszusehen, wie ihr Disney Idol. Trotz der Menschenmassen und den Wartezeiten von rund einer Stunde vor jeder Attraktion, fand ich es im Disney Land nicht bedrückend oder beengend, da die Japaner einen nie angerempelt oder geschubst haben.

Am 31. Oktober war die alljährliche Halloween-Feier in Shibuya, einem der beiden Zentren für Jugendliche. Das andere Zentrum ist Harajuku. Natürlich ist auch Shibuya anlässlich Halloween extrem überfüllt. Man konnte sich kaum noch von der Stelle bewegen. Ich empfand diese ausgesprochene Enge als sehr unangenehm und habe mich entschieden, nicht weiter mitzufeiern, sondern in den natürlich überfüllten Zügen nach Hause zu fahren. An Halloween denke ich gern zurück. Im Rückblick fand ich auch diese Erfahrung sehr schön, weil ich an diesem Tag meine deutschen Mitschüler, die bei anderen Familien und Schulen untergebracht waren, nach 14 Tagen endlich wiedersehen konnte.

 

 

In der Zeit meines Austauschs besuchte ich eine japanische Mädchenschule. Meine Klassenkameradinnen waren alle super nett, hilfsbereit und verhielten sich respektvoll gegenüber den anderen und ich habe innerhalb kürzester Zeit viele neue Freundinnen gefunden. Auch die Lehrer, die meine Klasse unterrichteten, waren sehr fürsorglich und freundlich. Jedoch sind mir einige gravierende Unterschiede zwischen den Mädchen- und Jungsschulen aufgefallen. Zum einen müssen Mädchen immer eine Schuluniform tragen. Das habe ich auf Jungsschulen kaum erlebt. Wenn Jungen auf ihrer Schule aber mal eine Uniform tragen müssen, trugen sie meistens eine lange Hose. Auf den meisten Mädchenschulen jedoch gehörte ein Minirock mit einem Blazer zur Tagesordnung. Außerdem musste man auf Mädchenschule Kurse wie Nähen, Kochen oder Handarbeit belegen, wodurch wir erst um 18:00 Uhr Schulschluss hatten. Die Jungs konnten schon um 15:00 Uhr die Fliege machen.

 

 

 

Karaoke Bars sind ja mittlerweile auch bei uns in Deutschland angekommen. Der Trend kommt jedoch aus Japan, wo es diese an so gut wie jeder Ecke gibt. Kein Wunder, dass meine Freunde und ich mindestens 5 Mal in einer gelandet sind. Es hat extrem viel Spaß gemacht, sowie alles andere in Japan auch.

 

Mit Kabuki, Disney-Land, Halloween-Feier und Karaoke haben uns unsere japanischen Gastgeber Japan von einer sehr fröhlichen und ausgelassenen Seite gezeigt. Nichtsdestotrotz konnte man als aufmerksamer Beobachter auch die kritischen Seiten Japans sehen. Das Stadtbild ist voller Uniformen: Uniformen bei Kindergartenkindern, bei Schülern, bei Männern in Form von Anzügen und bei Frauen in Form von Hackenschuhen, Handtaschen, Röckchen und Blüschen. Jeder Einzelne muss in Japan Normen erfüllen, um möglichst nicht aufzufallen. Der Einzelne zählt in Japan nicht viel, die Gruppe zählt alles. Kein Wunder, dass in Japan die Selbstmordrate so hoch ist.

 

Auch an die weißen Gesichtsmasken aus dem Kabuki-Theater musste ich immer wieder denken, als ich die sehr hell geschminkten Werbefotos im Stadtbild gesehen habe und die hellgeschminkten Gesichter der Japanerinnen. Eine weiße Hautfarbe gilt dort als unbestreitbares Schönheitsideal. Die schöne Vielfalt der Hautfarben von Menschen auf der Welt kommt zumindest in der Werbung in Japan nicht zur Sprache. Schade!

 

Auffällig fand ich auch die vielen Betrunkenen, die wir abends überall sahen. Sie trugen Anzüge und lagen zum Beispiel entweder einfach so auf der Straße vor einem Restaurant oder auf einer Straßenbank oder sie fläzten sich mit ihrer Alkoholfahne im Zug oder torkelten sonst irgendwo im Stadtbild. Das waren alles keine Penner. Das waren alles eigentlich Männer mit gepflegten Haarschnitten und Kleidern, die tagsüber wie ganz normale Büromitarbeiter aussahen. Aber abends verwandelten sie sich in Trunkenbolde. Aggressiv waren sie zwar nicht, aber geheuer waren sie mir trotzdem nicht. Dieses Phänomen der betrunkenen Männer finde ich richtig komisch.

 

Das perfekte Land gibt es nicht. Jedes Land hat Licht und Schatten. In Japan, im Land der Sonne, überwiegen auf jeden Fall Licht und Wärme. In schöner Erinnerung bleiben mir auf jeden Fall die Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft, Fürsorge, Respekt, die Liebe zum Detail, die Lern- und Leistungsbereitschaft, die Ordnung, Sauberkeit und Hygiene, das übersichtliche Zugsystem mit den idiotensicheren Beschilderungen und natürlich das leckere Essen. Japan – wir sehen uns wieder!

13. November 2018by Natalija
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Von Panamá nach Deutschland – ein Erfahrungsbericht

Carolina kommt aus Panamá und war für zehn Monate in Deutschland. Ihre Erfahrungen hat sie für DIGGA aufgeschrieben. Den spanischen Originaltext gibt es hier nachzulesen: 

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Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich erfuhr, dass ich nach Deutschland gehen würde. Das war eine große Überraschung. Ich kam gerade abends von  der Schule nach Hause, meine Eltern und meine Oma erwarteten mich vor dem Haus, mit Feuerwerk und Süßigkeiten in der Hand, die meine Mutter gekauft hatte, auf denen “Herzlichen Glückwunsch” stand. Ich glaube, ich habe nie solche Freude verspürt, wie an diesem Tag.

Von diesem Moment an, drehten sich alle meine Gedanken nur um Deutschland. Ich hatte hohe Erwartungen an mein Leben dort und was mir alles tolles dort passieren würde. Ich glaube, ich habe nie die Tatsache realisiert, dass ich zehn Monate ohne meine Familie und Freunde unterwegs sein würde, eine andere Sprache lernen müsste, die ich überhaupt nicht konnte, dass ich bei unbekannten Personen leben würde und so tun würde, als wären sie “meine Familie”. In diesem Moment war nichts davon für mich wichtig. Das einzige, das ich wollte war, nach Deutschland zu gehen. Und ich wollte es jetzt!

Als endlich der ersehnte Tag 0 kam, fühlte es sich sehr komisch an, denn es war ein Tag wie jeder andere. Die Aufregung war verflogen, der Traum wurde Realität.

An meinen ersten Tagen in Deutschland fühlte ich mich mehr wie eine Touristin. Alles war neu, fantastisch, unglaublich. Meine Familie sprach mit mir auf englisch, sie erklärten mir alles mit sehr viel Geduld. Vor der Schule hatte ich ein bisschen Angst, denn ich verstand nicht, was vor sich ging. Ich verlief mich und fand nicht das richtige Klassenzimmer, ich wusste nicht, wo die Toiletten waren und ich hatte Angst davor, mir etwas in der Cafeteria zu kaufen. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass ich ziemlich Schiss vor Bussen oder Bahnen hatte, ich befürchtete, mich zu verirren.

Ich fühlte den Frust in mir aufsteigen, denn ich wollte die anderen verstehen. Die unterschiedlichen Uhrzeiten in der Schule und nur deutsch zu hören, verschafften mir Kopfschmerzen. Ich fühlte mich ausgeschlossen, weil ich nicht über die Witze meiner Klassenkameraden lachen konnte.

Doch nach und nach entwickelte ich meinen eigenen Alltag. Ich lernte immer mehr über die Kulturen und die Dinge, die mir anfangs noch merkwürdig erschienen, übernahm ich irgendwann selbst. Ich gewöhnte mich an die Menschen, die ich morgens im Bus sah, an die Nachbarn, meine Familie, meine Freunde und jetzt endlich fühle ich mich als ein Teil von Deutschland.

Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich Heimweh bekam. Es waren schon eineinhalb Monate seit meiner Ankunft vergangen. Das merkwürdigste war, dass ich nur eine Umarmung meiner Mutter wollte. Ich wollte, dass meine Mutter vorbeikommen, mich für eine Minute in den Armen halten und dann wieder gehen würde. Das hört sich ziemlich egoistisch von mir an, aber ein Austauschstudent sein zu wollen, ist eine egoistische Sache, denn du denkst an niemand anderen, nur an dich und was dir passieren wird. Du denkst nicht daran, dass du jemanden fehlen würdest oder sich mehr als eine Person um dich sorgen würde.

Meine Tage hier waren eine echte Achterbahnfahrt der Gefühle. Während die Tage vergehen, erlebst du alles aufmerksamer und intensiver. Ich schätze die Dinge, die ich zu Hause habe genauso, wie die Dinge, die ich hier habe. Ich habe schon meine hohen Erwartungen vor meiner Reise erwähnt und obwohl manche Dinge anders verliefen oder verlaufen, als ich sie vor einigen Monaten in meinem Kopf geplant hatte, bin ich nicht enttäuscht. Ich habe viele neue Sachen kennengelernt, um mich zu amüsieren, andere Dinge, die ich machen kann und andere Lebensformen. Mit diesen Erfahrungen fühlst du dich wichtig und besonder, sie geben dir die Lust am Leben. Du fühlst, dass alles möglich ist.

Doch zur gleichen Zeit kämpfst du mit den Vorurteilen derjenigen, die denken, ein Auslandssemester bedeute, jeden Tag feiern zu gehen, ohne Verantwortung tragen zu müssen.

Noch dauert es ein paar Monate, bis ich zurück gehe. Ich weiß nicht, wie ich mich fühle, ich würde es in etwa so beschreiben: 15% Freude, 15% Nervosität, 20% Angst und 50% Trauer. Ich habe große Angst, das Leben hier, das ich mir die letzten Monate aufgebaut habe, hinter mir zu lassen und in meine “Realität” zurückzukehren.

In diesen nun fast acht Monaten seit meiner Ankunft in Deutschland habe ich begonnen, mich an die Menschen hier zu gewöhnen, ihre Kultur, ihre Gesellschaft. Ich habe meine eigenen Ideologien umgeworfen, ich wurde zu einer Person, die nun viel offener ist, das “andere” zu akzeptieren. Genauso habe ich von den anderen Austauschschüler gelernt, dass, auch wenn wir aus verschiedenen Teilen der Welt kommen, uns dieses eine gemeinsame Gefühl vereint.

18. Dezember 2016by Carolina
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Geburtstage in Panamá – Geburtstage in Deutschland

Carolina war für 10 Monate in Deutschland. Ihre Erlebnisse hat für DIGGA aufgeschrieben. Hier findet ihr den spanischen Originaltext. 

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Jede Kultur hat ihre eigene Art, spezielle Festlichkeiten, wie den Geburtstag zu feiern.

Mein erstes Mal bei einem deutschen Geburtstag kann ich nur schwer beschreiben, aber ich war ziemlich verwirrt. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich in diesem Artikel nur meine eigene Erfahrung aufschreibe, beruhend auf den Feiern meiner Familie in Panamá, meiner deutschen Gastfamilie und Freunden aus Deutschland.

In Panamá hängt vieles vom Alter des Geburtstagskindes ab. Je mehr Kinder, desto größer der Aufwand der Feier, die die Eltern ausrichten. Alles muss perfekt sein. Auch wenn das für mich nicht unbedingt Sinn ergibt, für einen zweijährigen eine riesen Feier zu veranstalten, der nicht mal weiß, dass er Geburtstag hat und ihn so richtig genießen kann.

Aber allgemein wird eine Kindergeburtstagsfeier sehr lange im Voraus geplant, sehr viel muss organisiert werden: Die Torte muss bestellt werden, die Geschenke gekauft, ein Ort mit genügend Platz gefunden werden, Aktivitäten geplant, Essen für viele Menschen vorbereitet werden. Alles wird mit Ballons, Karten usw dekoriert. Es gibt immer einen extra Tisch für die Torte und Säckchen voller Süßigkeiten und Spielsachen für die Gäste des Geburtstagskindes. Während der Feier wird getanzt, Spiele gespielt, in der Regel gibt es einen Clown. Dann kommt schließlich der besondere Moment, wenn alle zusammen das Geburtstagslied singen und das Geburtstagskind im Kreise seiner Familie vor der Torte sitzt. Am Ende des Liedes werden die Kerzen ausgepustet, sich dabei etwas gewünscht und alle applaudieren. Dann kommt der Teil mit dem Essen und der Süßigkeiten. Normalerweise werden die Geschenke erst geöffnet, wenn alle Gäste gegangen sind. Wirst du schließlich älter und erwachsener, verändern sich die Feiereien, sie werden ein bisschen seriöser und ernsthafter, aber die Süßigkeiten bleiben.

In Deutschland kommt es genauso auf die Personen an, aber allgemein gesehen, sind die Feiern viel familiärer und ruhiger. Nachmittags beginnt die Kaffezeit, wo die Familie zusammensitzt und sich bei Kaffee und Kuchen unterhält. Dann kommt der Moment, an dem das Geburtstagskind all seine Geschenke öffnet und danach wird zu Abend gegessen. Ich sehe keinen großen Unterschied zwischen Kindergeburtstagen und den der Erwachsenen.

Dagegen sind die Geburtstagsfeiern der Jugendlichen unglaublich. Sie feiern zu Hause ohne Eltern, mit viel Musik und gut –  viel Alkohol. In Panamá würden die Eltern niemals ihrem Sohn oder ihrer Tocher zwischen 16 und 21 Jahren ihr Haus anvertrauen, damit diese dort alleine eine Party schmeißen können. Mein erster Geburtstag dieser Art war der 18. Geburtstag einer deutschen Freundin. Unglaublich und ziemlich lustig.

 

 

14. Dezember 2016by Carolina
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Weihnachten, Silvester und Ferien

In den letzen Wochen war bei mir relativ viel los. Weihnachten, Familienfeiern, Silvester…
Weihnachten fing für mich dieses Jahr erst am 25. an. Wir standen alle auf, hatten ein großes Frühstück und packten dann alle zusammen Geschenke aus. Später am Tag sind wir zu der Familie meiner Gastmutter an die Gold Coast gefahren. Dort hatten wir Lunch und Nachtisch. Die Familie hatte gerade einen kleinen Welpen (Französische Bulldogge) bekommen. Er war gerade mal acht Wochen alt und hieß Humphrey. Nach ein paar Stunden sind wir in das Apartment meiner Gastfamilie am Rainbow Bay, Gold Coast gefahren. Am Ende des Tages konnte ich noch einen Teil meiner Bucket List abhaken. Ich stand an Weihnachten bei 30*C am Strand. Am nächsten Tag ging es dann zu der Familie meines Gastvaters. Seine Familie lebt mehr im Outback Australiens, in einem kleinen Dorf namens Kyogle. Dort haben wir den Tag verbracht und sind Abends wieder zurück ins Apartment gefahren. Die nächsten Tage haben wir nicht viel gemacht. Wir waren am Strand oder im Pool, lagen in der Sonne, waren im Café oder haben einfach nur rumgelegen. Es war sehr entspannt, aber keinesfalls langweilig. Zwei Tage vor Silvester kam Fredi, eine andere deutsche Austauschschülerin und eine gute Freundin von mir. An Silvester sind wir mit meinen Gasteltern erstmal zu deren Freunden gefahren und haben Dinner gegessen. Um kurz vor elf sind wir zurück gefahren um uns das erste Feuerwerk in NSW (NewSouthWales) zu sehen. Auf der einen Straßenseite von dem Apartment ist nämlich NSW und auf der anderen Seite ist Queensland. (NSW +1 Stunde) Nach dem ersten Feuerwerk sind wir zum Strand gelaufen um das zweite Feuerwerk anzugucken. Wir waren dann noch eine Woche dort und sind dann zurück gefahren.

20. Januar 2016by Clara
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Französische Erziehung | “Wenn du noch einmal hinfällst, darfst du nie wieder Roller fahren”  

Kinder haben in Frankreich nichts zu sagen, sondern zu tun, was die Erwachsenen von ihnen verlangen, was immer es auch ist, und zwar ohne Widerrede.

Mit 14 Jahren gilt man hier absolut noch als Kind, was hier heißt, dass man mit den anderen Kindern bei einer Familienfeier am Kindertisch isst und nach dem Essen nach draußen zum Spielen verbannt wird, dass gegessen und angezogen wird, was die Eltern wollen und um spätestens 21 Uhr Bettruhe ist.

Ein Bonbon, ein Stück Schokolade, ein halbes Glas Cola zum Mittagessen oder ein Euro, den man auf der Straße findet (Taschengeld ist nicht üblich) sind ein Highlight des Tages für eine 14-Jährige in Frankreich. Allein Bus fahren ein richtiges Abenteuer.

Während sich Erwachsen-Sein in Deutschland durch verantwortliches und moralisch möglichst richtiges Handeln auszeichnet und dadurch, dass man sich mal zurücknehmen kann und seine Interessen hinter die der anderen stellt, heißt Erwachsen-Sein hier vor allem eines: Rache.

Es wird sich gerächt für alles, was einem in der Kindheit angetan wurde, die eigene Macht wird so richtig ausgenutzt. Die Kinder lässt man den Haushalt machen, wenn nicht, gibt es teilweise Schläge, am Wochenende wird gemacht, worauf die Eltern gerade Lust haben, und wenn es ein spontaner Spaziergang ist, muss das Kind eben seine Verabredung absagen.

Kinder sind es gewohnt, einzustecken. Und mit 14 ist man hier genauso ein Kind wie mit fünf.

In Deutschland gibt es eine relativ große Grauzone zwischen noch-Kind und schon-Erwachsener, etwa zwischen 12 und 16. Man selbst kann aussuchen, wozu man gehören will und das wird dann auch so akzeptiert.

Akzeptieren müssen hier in Frankreich nur die Kinder.

So wurde auch der Satz aus der Überschrift von meiner Gastschwester anstandslos akzeptiert. Sie ist dann auch tatsächlich nicht mehr hingefallen.

 

 

 

 

1. November 2015by Milena
Auslandsberichte

Von erfüllten Träumen und tollen Erfahrungen / Aussie Adventure

Aus zwei Wochen wurden dann doch zwei Monate. Die Zeit vergeht einfach viel zu schnell hier. Es sind schon fast drei Monate die ich hier bin. Es ist echt viel passiert.

Ich hatte vom 18.09. bis zum 04.03. Ferien und bin mit meiner Gastfamilie zu deren Beachhaus gefahren. Die Insel heißt Wild Cattle Island und liegt in einem Nationalpark. Insgesamt gibt es dort 17 Häuser und ansonsten nur Busch und Wasser. Ich hatte echt eine super tolle Zeit, habe Sachen gemacht die ich davor noch nicht gemacht habe. Zum Beispiel “Crabbing”, “Tubing” oder “Stand-Up Paddeling”. Die anderen Leute auf der Insel waren auch total nett. Jeder kennt jeden und respektiert jeden. Ich hatte außerdem meinen Geburtstag an einem Strand, was ich vorher auch noch nicht hatte.

Es waren zwei sehr entspannte Wochen. Aufstehen wann man will, schwimmen gehen, angeln, mit dem Boot raus fahren, mit den anderen Leuten quatschen und einfach Spaß haben. Ich hatte auch die Begegnung mit einem Echidna (einer Art Igel), einer Baumschlange (ganz harmlos) und einer Braunschlange (tödlich). Letzteres wurde erfolgreich entfernt. Als die zwei Wochen vorbei waren wollte man gar nicht mehr weg.
Als meine Ferien dann vorbei waren, hatte ich drei Tage Schule und bin dann nach Sydney geflogen. Für vier Tage. Ich wollte schon immer mal nach Sydney. Ich weiß nicht warum, aber es war ein Traum/Wunsch von mir. Ich bin mit zwei Erwachsenen und sechs anderen Austauschschülern da gewesen. Ich habe viel gesehen. Harbour Bridge, Sydney Opera House (wunderschönes Gebäude), Taronga Zoo, Bondi/Manley Beach, Darling Harbour und vieles mehr. Außerdem durfte ich die Bekanntschaft mit einem Didgeridoo spielenden Aborigine machen. Und wusstet ihr schon, dass es in Deutschland mehr Menschen gibt die Didgeridoo spielen, als Aborigines in Australien? Nein? Ich auch nicht. Aber jetzt wisst ihr es. Wir hatten alle eine wunderschöne und lustige Zeit in Sydney und ich werde es nie vergessen.

 
Als ich wieder kam hatte ich zwei Tage Schule, um dann am “Rotary Surf Weekend” teilzunehmen. Diesmal waren wieder alle Austauschschüler aus meinem Distrikt da. Das heißt wir waren 11 und wieder ein paar Erwachsene. Wir hatten zwei Tage, jeweils zwei Stunden, Surfunterricht. Es ist anstrengender als man denkt, aber es macht unglaublich viel Spaß. Abgesehen von den aufgeschürften Beinen und Armen vom Surfbrett. Das Gefühl wenn man es schafft das erste Mal aufzustehen und über eine Welle zu surfen ist einfach toll. Am Ende haben es alle von uns geschafft. Außerhalb des Unterrichts haben wir im Meer oder Pool gebadet und einfach Spaß gehabt.

Ja das alles ist in meinen letzten Monaten in Australien passiert. Ich hoffe, dass es so toll weitergeht und ich jeden Tag so genießen kann, wie ich es bis jetzt tue. Ich denke/hoffe der nächste Bericht kommt schneller. Bis dann!

Clara

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24. Oktober 2015by Clara
Auslandsberichte

Mein Projekt: Talita Cumi

Seit vier Wochen nun bin ich im Projekt zusammen mit einem weiteren Freiwilligen names Paul, der ca. 200 m weiter im Jungshaus arbeitet. Ich bin demnach im Mädchenhaus “Talita Cumi”  was soviel wie “Mädchen, steh auf “ bedeutet und seinen Ursprung in der Bibel (Mk 5,41) hat.

Mein Projekt ist in El Alto (die Höhe), einer Stadt die den Talkessel La Paz mehr oder weniger umschließt und bis 1985 sogar deren Stadtteil war. Heute zählt El Alto mehr Einwohner als La Paz und ist nach Santa Cruz die zweitgrößte Stadt Boliviens. Während die Bevölkerungsszahl von La Paz seit Jahren aufgrund der topographischen Beschränkungen stagniert, verzeichnete El Alto einen massiven Anstieg. Ungefähr 75% der Einwohner gehören der indigenen Gruppe Aymara an, das heißt man sieht weitaus mehr Frauen mit Röcken und traditionellem Hut als in der Südzone La Paz’ wo ich wohne. Hier sehen maximal die Hausangestellten so aus, die unter der Woche sozusagen beim Arbeitgeber wohnen und dann wie unsere Ana Samstag Mittag wieder “hoch”fahren.

Trotz all der Besonderheiten wird El Alto selten in Reiseführern genannt, mal abgesehen von dem höchstgelegenen internationalen Flughafen, der in La Paz keinen Platz hatte. Die Mehrheit der Menschen lebt unter der Armutsgrenze und viele sind Analphabeten. Die meisten Häuser sind nicht verputzt, da so weniger Steuern gezahlt werden müssen. Ein Haus gegenüber von meinem Projekt sieht von vorne ganz normal aus, schaut man allerdings seitlich drauf, sieht man, dass nur die Vorderseite verputzt wurde und sich dahinter ein Rohbau befindet. Schnellstmöglich werde ich Fotos hochladen, im Moment will ich meine Umgebung dort jedoch erstmal besser kennenlernen, da schon der ein oder andere unerfahrene Gringo mit teurer Kamera abgezogen wurde. Schon gleich am zweiten Tag habe ich erfahren, dass ein Trufi-Fahrer am Vorabend um sieben Uhr (da ist es noch nicht wirklich dunkel) überfallen, ausgeraubt und in fraglichem Zustand zurückgelassen wurde. Und das alles zwei Ecken weiter.

Da ich vom tiefsten Punkt La Paz’ bis zum höchsten Punkt El Altos fahre (bestimmt so einen Kilometer Höhenunterschied), dafür wenn’s gut läuft anderthalb Stunden, wenn’s schlecht läuft mehr als zwei brauche, schlafe ich unter der Woche vorort. Und zwar in einem weiteren Haus nochmal 200m entfernt zusammen mit momentan fünf anderen Freiwilligen aus den USA, die im Erdgeschoss ihre Zimmer haben und Johnny plus Familie, dessen Aufgabe ich noch nicht ganz durchblickt habe, der aber wohl die drei Häuser (Jungs, Mädchen und noch eins für Paare) koordiniert. Außerdem sind in dem Wohnhaus noch die Büros. Paul und ich haben jeweils ein großes Zimmer mit je drei Betten, was schon ziemlicher Luxus ist, allerdings wird die Heizung angesichts der Größe des Raumes zwecklos. Sie schaffts einfach nicht. Daher ist es kalt und ich schlafe immer in Fließpullovern. Außerdem haben wir noch eine Küche und ein Bad für uns alleine.

Jetzt zum Projekt: Was ist das überhaupt? In einer Mail von meiner Organisation AFS wurde es mir als eine Einrichtung für Mädchen bis 18 Jahre beschrieben, die auf der Straße leben und evtl. drogensüchtig sind. Die Realität sieht ein bisschen anders aus: Gegenwärtig sind es sechs Mädchen bzw. Frauen und vier Kinder die im Projekt leben. Drei sind unter 18, drei über 18 (von denen zwei auch ihre jeweils zwei Kinder dabei haben). Einige (vorallem Oma und Papa), denen ich von der Beschreibung erzählt habe, waren erstmal durch das Wort “drogensüchtig” geschockt – ich auch ein bisschen. Das hat sich aber schnell wieder gelegt. Im Grunde merkt man davon gar nichts und ich bin mir auch nicht sicher, ob es überhaupt auf alle zutrifft. Äußerlich sieht man vereinzelt Narben sowie schlechte Zähne, das ist hingegen bei den Jungs deutlich schlimmer. Anfangs waren einige Mädchen recht schüchtern, sind aber schnell aufgetaut. Dazu muss ich aber auch sagen, dass in meinem Projekt keine “Extremfälle” sind. Ein Mädchen zum Beispiel ist im Projekt, weil die Eltern geschieden sind, jeweilig neue Familie und Kinder haben und sie dann untergegangen zu sein schien. So genau habe ich nicht gefragt. Oder von einer Mutter weiß ich, dass sie mit ihren Kindern und deren Vater auf der Straße gelebt hat und er sie wohl geschlagen hat. Ihre kleine Tochter singt beim Frühstück und wenn die Großen ihre Morgenandacht haben und ich aufpasse, kann man Dinge heraushören.

Es soll also eine Wiedereingliederung auf Basis von Gott und der Bibel erfolgen. Bei der Morgenandacht wird eine Bibelstelle herausgesucht und darüber gesprochen. Danach gibt es Frühstück, ein Brot und ein heißes Getränk, meist mega gezuckert. Anschließend machen die Mädchen ihre Aufgaben, die aus Haus putzen bestehen. Das Mittagessen kochen sie auch selber, dafür gibt es einen Plan. Dienstags und Samstags kommt eine Lehrerin, ansonstens gibt es keine Schulbildung. Ein Mädchen macht eine Ausbildung zur Friseurin und darf das Projekt verlassen, sonst ist das Tor immer abgeschlossen. Es gibt einen Hof mit Fußballtor und manchmal machen sie bei Johnnys Aerobic mit. Es ist eine familiäre Atmosphäre und ich fühle mich echt wohl.

Ab nächster Woche kann ich mit einem Englischkurs und evtl. Computerkurs anfangen, dann habe ich auch einen geregelteren Arbeitsablauf. Derzeit hab ich da ausgeholfen, wo es nötig war. Das war meistens bei den Lebensmitteln, da in naher Zukunft das Projekt kontrolliert wird und sich kein einziges abgelaufenes Produkt, noch nicht mal Quinoa oder Nudeln, im Schrank befinden darf. Das heißt ich durfte alles durchschauen, aussortieren, die Anzahl aufschreiben und mit grünen, gelben und roten Punkten versehen, die das Ablaufdatum anzeigen. Jeden Dienstag gehen wir mit Hermana Christi (alle werden mit Hermana angesprochen – auch ich) auf den Markt und kaufen Gemüse/Früchte für drei Häuser ein. Das heißt ganz schön schleppen, aber zum Glück ist ja auch Paul dabei und zurück fahren wir mit dem Taxi. Der Markt ist echt beeindruckend, da die Verkäuferinnen teilweise auf ihren Waren sitzen. Dann werden Tonnen von Orangen angehäuft und in der Mitte eine Cholita.

Saludos

Carlotta

11. Oktober 2015by Carlotta
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Schule = Gefängnis? Milena erzählt von Frankreich

Der Schulalltag in Frankreich verläuft streng geregelt nach dem Motto „Gefängnis“.

Bist du einmal drin, kommst du nicht wieder raus.

Im Gegensatz zum Gefängnis ist es allerdings nicht nur schwer, wieder rauszukommen, sondern auch erst einmal absolut nicht leicht, überhaupt hineinzukommen. Das musst du aber, denn wer zu spät kommt, muss nachsitzen und/oder direkt zum Schulleiter, je nachdem, wie gut der Lehrer gelaunt ist.

Schon am Eingang der Schule stehen Wachtmänner, sogenannte Surveillants, die dazu gedacht sind, zu kontrollieren, wer das heilige Gebäude zu welchem Zeitpunkt betritt.

Das berühmte Carnet muss vorgezeigt werden, prüfend schauen sie dir in die Augen und vergleichen dein Gesicht mit dem Foto auf der Rückseite des Carnets, ob du auch der richtige Schüler bist und kein Schummler, der sich hineinschmuggeln will, um unverständlicherweise illegal vom fantastischen Unterricht auf Gesamtschulniveau zu profitieren. Glaubt man dir dann großzügig, dass du Schüler der Schule bist, darfst du rein, allerdings wirst du direkt auf den Schulhof verbannt, einer tristen Betonfläche von etwa 200qm, die durch einen 3 Meter hoch wirkenden Zaun von der Außenwelt abgegrenzt ist, damit auch bloß keiner auf die Idee kommt, überhaupt zu versuchen, auszubrechen. Fehlt nur noch der Stacheldraht.

Bei so gut wie jedem Wetter muss man auf den Schulhof und wenn es klingelt, dann heißt es, bloß keine Zeit zu verlieren; alle Schüler müssen sich in Zweierreihen aufstellen. Der jeweilige Lehrer holt seine Klasse dann persönlich vor Ort ab.

Am Anfang jeder Unterrichtsstunde wird der sogenannte „Appel“ gemacht – die Anwesenheitskontrolle. Dass die gemacht wird, wird natürlich wieder von den Surveillants durch ständiges Klopfen an der Tür kontrolliert, damit bloß keiner schwänzt.

Essen gibt es in Schichten, aus irgendeinem Grund scheint meine Klasse immer die letzte Schicht zu sein. Wieder in Zweierreihen und begleitet von mehreren Surveillants überquert man als Klasse die Straße zur Kantine, die sich arrogant „Schulrestaurant“ nennt. Beim Straße-Überqueren muss sich natürlich ein Surveillant in Hampelmann-Position mit wichtigtuerisch ausgebreiteten Armen auf die Straße stellen, damit die Schüler auch ja sicher in der Kantine ankommen, wo sie sich wieder ordentlich in einer Reihe zum Händewaschen aufstellen müssen, bevor die das heiß ersehnte, qualitativ sehr minderwertige Kantinenessen verspeisen dürfen.

Will man die Schule in der Mittagspause verlassen, um zu Hause zu essen, was ich als Entscheidung immer sehr befürworte, muss man natürlich erst beweisen, dass man dazu die Erlaubnis der Eltern hat. Genauso, wenn ein Lehrer krank ist, braucht man die ausdrückliche Erlaubnis, die Schule früher zu verlassen, sonst muss man in einem winzigen, überheizten Raum namens “Salle de Permanence” unter Betreuung von mindestens vier Surveillants (in jeder Ecke einer) absitzen. Das ist kein Spaß, das weiß ich aus Erfahrung.

Das war wieder mal ein kleiner Einblick in meinen Alltag hier… Kleine Weisheit: Man nehme alles mit Humor!

 

 

28. September 2015by Milena
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Warum nicht einfach Teller nehmen? – ein französisches Frühstück

Zum Frühstück gibt es Baguette, das Klischee stimmt. Was stellen wir in Deutschland uns unter einem guten Baguette vor, was lieben wir am französischen Brot?

Es ist weich, es ist leckeres, weiches, weißes Brot, zuweilen gar warm – und auf jeden Fall manchmal ein schöner Ausgleich zum harten, deutschen, körnigen Schwarzbrot.

Die Franzosen hier allerdings malträtieren ihr Baguette dermaßen, dass es nichts mehr mit der obigen Beschreibung gemeinsam hat.

Die Franzosen mögen ihr Baguette hart. Frisch gekauftes Baguette wird also erst einmal mindestens einen Tag lang zum Härten auf den Tisch gelegt. Wenn es am Morgen immer noch nicht hart genug ist, wird es getoastet, wahlweise ein, zwei oder drei Mal, damit man es auch ja nicht ohne  sehr viel Mühe essen kann und es laut genug beim Kauen knirscht, dass man sich auch bloß nicht unterhalten kann.

So ein hartes Brot krümelt natürlich auch enorm, doch das stört die Franzosen nicht. Sie benutzen noch nicht mal Teller. Das wäre jedoch nicht nur wegen der Krümel mehr als angebracht.

Die Marmelade, die man in Deutschland ja als dickflüssige Masse kennt und schätzt, besteht hier aus mehr oder weniger eingekochten Früchten in Zuckerwasser. Da das steinharte Brot – „Tartine“ genannt – zur Hälfte aus großen Löchern besteht, damit man auch bloß nicht satt wird, rinnt die „Marmelade“ stets hindurch und tropft auf die Tischdecke.

Warum nicht einfach Teller nehmen?

 

Das war jetzt ein kleiner Einblick in das französische Frühstück. Es schmeckt allerdings trotzdem ganz lecker, mit der Weile gewöhnt man sich an die ungewöhnlichen Essgewohnheiten. Und immer wieder bestätigt sich somit der Spruch: Andere Länder, andere Sitten.

 

14. September 2015by Milena
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